Biwak, wildcampen, campen: Was ist wann, wo, wie erlaubt?
Die Sonne brennt dir auf der Stirn, du spürst den Abdruck der Riemen deines Rucksacks in deinen Schultern und deine Waden ziehen und krampfen nach einer anstrengenden Tour zu Fuß oder auf dem Rad. Du willst nur eines: dich ausruhen, die Stille der Natur genießen und schlafen – am besten unter freiem Himmel.
Dieser Traum aller Abenteuer kann schnell platzen, wenn die örtliche Polizei oder Forstgemeinschaft auftaucht und dir für dein rechtliches Vergehen eine gehörige Geldstrafe verpasst. Denn beim Übernachten in Wäldern und an Wegesrändern abgelegen von offiziellen Campingplätzen gibt es einige Regeln zu beachten. Diese sind recht unübersichtlich und fallen zudem in jedem Land unterschiedlich aus. Damit du dich im Dickicht dieser Gesetze zurechtfindest und deine Nachtruhe egal wo genießen kannst, fassen wir dir im folgenden Artikel das Wichtigste zusammen.
Naturgenuss ist Jedermannsrecht – oder doch nicht?
Die Natur ist im Grunde jedem zugänglich und gehört uns allen. Um diese in bestem Zustand zu bewahren, gilt es, einige grundsätzliche Regeln einzuhalten. Zu diesem Verhaltenskodex zählen unter anderem: nicht stören, lärmen, beschädigen und verschmutzen. Die Natur sollte so hinterlassen, wie sie vorgefunden wird und nicht in ihren natürlichen Abläufen durch Menschenhand beeinflusst werden. Unter diesen allgemeingültigen Bedingungen ist die Natur zum Erholungszweck jedem zugänglich und das, solange dieser Mensch das möchte, also im Grunde auch über Nacht. Dieses Freiheitsgesetz wird durch manch andere Gesetze eingeschränkt. Zum Beispiel verbietet dir das Eigentumsrecht, dass du dein Erholungspensum auf Privatgrundstücken einholst. Sonderbedingungen gelten auch in Naturschutzgebieten, die durch Naturschutzgesetz und Sondernutzungsrechte festgelegt werden. Je mehr Gesetze, desto größer die Verwirrung. In weiterer Folge kannst du deinen Erholungsbedarf nicht überall ohne Probleme im Grünen decken, zumindest nicht in Deutschland.
In den skandinavischen Ländern hingegen gilt das sogenannte Jedermannsrecht. Diese Regelung sieht vor, dass die Natur jedem zugänglich ist und frei genutzt werden kann. Du kannst dort unter der Bedingung dich angemessen und respektvoll zu verhalten, wandern und auch übernachten – im Biwak-Schlafsack, im Tarp oder Zelt, allerdings nicht mit Wohnmobil. Das Jedermannsrecht gilt in Norwegen, Schweden und Finnland. In Dänemark solltest du die Rechtslage hingegen schon genauer abchecken. Wenn du die heimische Natur genießen willst, findest du in der Schweiz eine abgespeckte Form des Jedermannsrecht, welches aber mitunter regional eingeschränkt ist.
Um die Rechtslage in den verschiedenen Ländern und Regionen besser nachvollziehen zu können, ist es wichtig, zwischen einigen Begriffen zu unterscheiden. Im Folgenden erklären wir dir daher den Unterschied zwischen campen, wildcampen, und biwakieren. Du erfährst außerdem, was wo wann wie erlaubt ist, damit du mit reinem Gewissen dein nächstes Abenteuer in vollen Zügen genießen kannst.
Campen
Campen meint das Übernachten in mobilen Unterkünften im Rahmen des Tourismus und die Erholung in Naturnähe. Mobile Übernachtungsstätten sind beispielsweise Zelte, Wohnwägen und Autos. Campen ist grundsätzlich nur auf offiziellen Plätzen erlaubt, die zu diesem Zweck vorgesehen sind. Also auf Campingplätzen und auch Privatgrundstücken, sofern die Genehmigung eingeholt wurde.
Dies gilt für alle europäischen Länder. Wer auf offiziellen Campingplätzen übernachtet – egal ob im Zelt, Caravan oder Auto – ist immer auf der sicheren Seite. Rechtlich bedenklicher wird es abseits der genehmigten Stätten, also in der freien Natur, im Wald, am Berg, am Straßenrand. Im Gegensatz zum Campen ist Lagern dort natürlich erlaubt. Lagern bedeutet pausieren, Schutz suchen, sich erholen. Und hier nimmt das Dilemma seinen Anfang: Wo hört lagern auf, wo fängt campieren an? Zwischen Lagern und Campieren liegen nämlich etliche weitere Möglichkeiten, die unter « übernachten, erholen, Natur genießen » fallen und den Eingang zur Grauzone öffnen, allen voran: wildcampen und biwakieren.
Wildcampen
Wildcampen ist das Übernachten in einem leichten, minimalistischen Zelt in der freien Natur, also abseits von offiziellen Campingplätzen. Wer den vorherigen Absatz gut durchgelesen hat, dem wird klar, dass hier das Übel seinen Ursprung hat. Der Wildcamper steht mit seinen beiden Beinen zwar am Waldboden, dabei aber mit einem Bein im rechtlichen Abseits. Wildcampen wird oft auch gleichgesetzt mit dem Übernachten unter freiem Himmel ohne jeglichen Schutz, was allerdings unter den Begriff „Biwakieren“ fällt. Zur schwammigen Definition hinzu kommt, dass Wildcampen auch mit dem Wohnmobil und dem Auto immer beliebter wird. Übernachtet wird dann im Auto / Caravan und am Straßenrand, auf Parkplätzen etc. Dies ist ein rechtliches Vergehen und wird je nach Land unterschiedlich stark toleriert bzw. auch geahndet. Parken zur Herstellung der Fahrtüchtigkeit wird allerdings meist toleriert. Ob die Fahrtüchtigkeit erst mit einem ausgiebigen 8-Stunden-Schlaf und durch Camping-Komfort wiederhergestellt wird, bleibt dahingestellt.
Wildcampen in Deutschland
Grundsätzlich darf man in Deutschland nicht im Wald wildcampen. Es handelt sich dabei zwar um keine Straftat, aber immerhin um eine Ordnungswidrigkeit. Je nach Ort der Niederlassung und Hinterlassenschaft kommen dann eventuell noch weitere Vergehen wie Sachbeschädigung (§3030 StGB Deutschland), Hausfriedensbruch (§123 StGB) dazu und es kann Konflikte aufgrund des Naturschutzes und Brandschutzes geben. In einigen Bundesländern wird das strenger gehandhabt als in anderen. So ist Wildcampen in Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und im Saarland ausdrücklich verboten; in Bayern, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Hessen und Berlin hingegen ist das Verbot nicht ausdrücklich festgeschrieben.
Um den Wildcampern das Naturerlebnis nicht vorzuenthalten, gibt es in Deutschland ausgewiesene Trekkingplätze. Diese sind weniger strukturiert und näher an der Natur als herkömmliche Campingplätze, zu Fuß zu erreichen und bieten dennoch eine minimale Infrastruktur wie Toiletten. Um diese instand zu halten, ist der Zugang gegen Entgelt möglich. Diverse Websites wie 1NiteTent spezialisieren sich außerdem darauf, den Zeltcampern ein Stückchen Wiese zum Übernachten zur Verfügung zu stellen, teilweise sogar kostenlos. Das Pendant für Caravan-Wildcamper bietet die Plattform Roadsurfer.
Wildcampen in Österreich
In Österreich gelten im Grunde dieselben Gesetze wie in Deutschland, was die Lage zum Wildcampen betrifft. Grundsätzlich darf nur auf ausgewiesenen Plätzen in Zelt, Auto und Caravan campiert werden. Das einmalige Übernachten zur Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit ist allerdings gestattet, sofern das Fahrzeug niemanden behindert und nicht sichtlich campiert wird. Campingstühle und Griller bleiben also im Auto.
Wildcampen in der Schweiz
Auch in der Schweiz sieht es diesbezüglich ähnlich aus: Solange du nicht sichtlich deine Lager aufschlägst und niemanden behinderst, sind zelten und das freie Stehen mit dem Auto oder Wohnmobil nicht grundsätzlich verboten. Das Jedermannszutrittsrecht zieht auch Camper und Wohnwagen mit ein. Oberhalb der Waldgrenze und abgesehen von Naturschutzgebieten gilt das Wildcampen als unproblematisch, so der Schweizer Alpenclub.
Wildcampen in Frankreich
Außerhalb eines Campingplatzes oder Stellplatzes ist wildcampen in Frankreich verboten, außer man holt sich die Genehmigung des Grundeigentümers ein. Da camping sauvage also wildcampen in Frankreich eher als Verbleiben von zwei oder mehreren Tagen an einem Ort aufgefasst wird, wird das dezente und einmalige Übernachten in Zelt oder mobiler Unterkunft meist toleriert.
Wildcampen in Italien
In Italien ist wildes Campen eigentlich nicht erlaubt. Da der Begriff für camping –campeggio– ähnlich wie in Frankreich an ein Verbleiben an einem Ort für mindestens 48 Stunden gehandhabt wird, wird es auch in Italien nicht allzu viele Probleme geben, für eine Nacht im Zelt in der freien Wildnis zu übernachten. Ähnliches gilt auch für das Freistehen eines Fahrzeugs. Sofern kein offizielles Verbotsschild ersichtlich ist, wird das einmalige Stehenbleiben über Nacht geduldet.
Wildcampen in den Niederlanden
Abseits von offiziellen Campingstätten ist jegliches Campieren – ob im Zelt, im Auto, im Wohnmobil – verboten. Zudem gilt ein striktes Freisteh-Verbot an Straßen- und Waldrändern.
Wildcampen in Belgien
Anders sieht es in Belgien aus. Auf belgischen Parkplätzen und auch entlang von Autobahnen darf maximal 24 Stunden gerastet, also dezent campiert werden. Zelten hingegen ist ebenfalls nur auf offiziellen Plätzen gestattet.
Biwak
Biwakieren wird meist von Wanderern, Mountainbikern, Bikepackern und Kletterern, aber auch sonstigen Abenteuerlustigen betrieben. Beim Biwak schläft man in Schlafsack, Hängematte oder Iso-Matte unter freiem Himmel in der Natur, um sich von den Strapazen des Tages zu erholen und am nächsten Tag weiterzuziehen. Im Biwakieren inbegriffen ist somit das Verbleiben für nur eine Nacht und ohne umfassende Campingausrüstung, aber eventuell mit Regenschutz.
Biwak in Deutschland
Biwakieren als Unterkategorie und Sonderform des Wildcampens ohne Zelt, fällt unter die gleichen Regelungen wie das Wildcampen und ist grundsätzlich nicht erlaubt. Es ist als Sonderform allerdings auch nicht ausdrücklich verboten, denn es gibt nirgends eindeutige Regelungen zum Biwakieren im Gesetz. Aufgrund dieses großen Fragezeichens wird Biwakieren insgesamt geduldet, allerdings solltest du auf diverse Sonderregelungen und Einschränkungen achten, um dir nicht die Finger zu verbrennen. In Berlin gibt es einen Zusatz im Waldgesetz, das zeltähnliche Lagerstätten verbietet. Im Bundesland Berlin darf also kein Schutztarp verwendet werden, wenn du draußen schläfst. In Schleswig-Holstein und Hessen dürfen grundsätzlich nachts die Wege im Wald nicht verlassen werden. Wer in diesen Bundesländern biwakiert, sieht sich also gezwungen, direkt auf dem Weg zu übernachten, was natürlich ziemlich unangenehm sein kann.
Erfreulich ist, dass die Sächsische Schweiz das Übernachten unter Kletterfelsen (Boofen) offiziell gestattet und die dafür vorgesehenen Stätten auf der Website auflistet.
Biwak in Österreich
Die Lage in Österreich ist ähnlich wie in Deutschland. Ein Notbiwak ist immer erlaubt, um sich vor einem Unwetter zu schützen, vor allem im alpinen Gelände. Zusätzlich gibt es in Österreich sogenannte Biwakschachteln, die den Sportlern unter besonders schwierigen Bedingungen zusätzlichen Schutz am Berg bieten. Infos hierzu gibt es beim Österreichischen Alpenverein. In den Bundesländern Oberösterreich und Salzburg ist das Biwakieren zudem oberhalb der Baumgrenze erlaubt.
Biwak in der Schweiz
Auch in der Schweiz ist es unproblematisch, oberhalb der Baumgrenze zu biwakieren. Da in der Schweiz durch das Jedermannszutrittsrecht „das Betreten von Wald und Weide und die Aneignung wildwachsender Beere, Pilze u. dgl.“ offiziell erlaubt sind, musst du nur die regionalen Einschränkungen beachten, bevor du dein Lager aufschlägst. Denn Verbote betreffen unter anderem diverse Naturschutzgebiete, Jagdgebiete, Wildruhezonen während der Schutzzeit, den Schweizer Nationalpark und Gegenden, wo ein allgemeines Betretungsverbot herrscht.
Biwak in Frankreich
In Frankreich ist die Lage, was ausdrücklich nicht erlaubt ist, etwas klarer. An Küstenregionen, in Naturschutzgebieten, auf öffentlichen Straßen, denkmalgeschützten Umgebungen und innerhalb von 200 Metern zu einer Wasserstelle darfst du nicht frei übernachten. Abseits davon wird das Biwakieren geduldet, wenn du ohne Zelt nur für eine Nacht bleibst, kein Aufsehen erregst und keine Unordnung hinterlässt.
Biwak in Italien
Der Aufbau eines Biwaks ist in Italien nicht so streng reglementiert wie in anderen europäischen Ländern. Wenn du dir zusätzlich die Einwilligung der Gemeindeverwaltung einholst, bewegst du dich legal auf vollkommen sicherem Pflaster – oder eben Waldboden.
Biwak in den Niederlanden
Bei unseren westlichen Nachbarn fallen biwakieren und wildcampen unter das Übernachten abseits von offiziellen Campingplätzen. Biwakieren ist somit genau wie das Wildcampen auch verboten.
Biwak in Belgien
In Belgien gibt es ausgewiesene Biwakzonen, die das legale Biwakieren möglich machen.
Biwak in Europa auf einen Blick
Fazit zu Campen, Wildcampen und Biwak in Europa
Campen ist zwar in jedem Land mehr oder weniger streng geregelt, aber immerhin gibt es gesetzliche Anhaltspunkte. Beim Wildcampen und Biwakieren begibt man sich hingegen in einen schwammigen Sumpf, indem Verbotenes und Erlaubtes zum Einheitsbrei verschmelzen. Gleichzeitig gilt es, die diversen Sonderregelungen im Auge zu behalten. Wer sich rechtzeitig einen Überblick verschafft und möglichst dezent und spurenlos unter freiem Himmel übernachtet, kann sich allerdings auf die unklaren Richtlinien berufen und riskiert in rechtlicher Hinsicht weder Hals noch Kragen. Grundsätzlich sollte der allgemeingültige Verhaltenskodex in der Natur immer eingehalten werden:
- Verhalte dich rücksichtsvoll gegenüber der Natur und den dort ansässigen Lebewesen
- Mach nur an gekennzeichneten Feuerstellen Feuer
- Hol dir auf Privatgrundstücken die Genehmigung des Eigentümers ein
- Bereite dich gut vor und informiere dich